In Kürze:
Leistenschmerzen (medizinisch Inguinalschmerzen) bezeichnen Schmerzen im Bereich der Leiste, also der Übergangsregion zwischen unterem Bauch und Oberschenkel. Die Beschwerden können links, rechts oder beidseitig auftreten und sich unterschiedlich äußern – etwa akut einschießend oder chronisch ziehend. Häufig machen sie sich bei bestimmten Bewegungen bemerkbar, zum Beispiel beim Gehen, Treppensteigen oder auch Husten. Leistenschmerzen sind ein Symptom, keine eigene Krankheit, und ihre Ursachen sind vielfältig.

Leistenschmerz-Check
Anatomische Grundlagen: Relevante Strukturen im Leistenbereich
Die Leistenregion (Regio inguinalis) bildet beidseits den unteren seitlichen Anteil der Bauchwand und den Übergang zum Oberschenkel. Wichtiges Strukturelement ist der Leistenkanal (Canalis inguinalis) – ein etwa 4–5 cm langer, schräg durch die Bauchwand verlaufender Kanal. Durch ihn ziehen unter anderem Blutgefäße, Bänder und Nerven vom Bauch in die äußere Leistenregion; beim Mann verläuft hier der Samenstrang, bei der Frau das sogenannte Mutterband (Ligamentum teres uteri). Diese anatomische Gegebenheit erklärt, warum Männer häufiger Leistenhernien entwickeln und warum manche Leistenbeschwerden geschlechtsspezifische Ursachen haben können.
Die Vorderwand des Leistenkanals wird vom äußeren schrägen Bauchmuskel gebildet, die Hinterwand vor allem von einer Bindegewebsschicht (Fascia transversalis). Umgebende Muskeln, Sehnen und Bänder stabilisieren die Region. Dennoch bleibt die Leiste eine natürliche Schwachstelle: Erhöhter Druck im Bauchraum (etwa beim Heben schwerer Lasten) kann die Struktur überlasten und begünstigt die Entstehung von Hernien. In der Leiste befinden sich außerdem Lymphknoten (Filterstationen des Immunsystems) sowie Anteile wichtiger Muskeln und Sehnen des Hüftgelenks. Beispielsweise setzen die Adduktorenmuskeln (Muskelgruppe an der Oberschenkelinnenseite) am Schambein an, nahe der Leistenregion. Ihre Hauptfunktion ist das Heranführen des Beins an den Körper, und bei Überlastung können hier leicht Zerrungen auftreten. Schließlich verlaufen durch die Leiste auch Hautnerven wie der Nervus ilioinguinalis und der Ramus genitalis nervi genitofemoralis, die bei Irritation oder Einklemmung ebenfalls Schmerzzustände auslösen können.
Ursachen
Leistenschmerzen können durch zahlreiche Erkrankungen oder Verletzungen hervorgerufen werden. Im Folgenden sind die wichtigsten Ursachen nach Kategorien gegliedert:
Muskuloskelettale Ursachen
Viele Leistenbeschwerden entstehen durch Überlastung oder Verletzung von Muskeln, Sehnen oder Knochen im Hüft- und Beckenbereich. Typisch ist etwa eine Leistenzerrung – häufig handelt es sich um eine Adduktorenzerrung (Zerrung der Oberschenkel-Innenseitenmuskulatur) beim Sport. Diese macht sich akut durch stechende Schmerzen in der Leiste bemerkbar, meist während oder nach abrupten Bewegungen wie Richtungswechseln beim Fußball oder Sprinten. Bei einer starken Zerrung oder einem Muskelfaserriss sind die Bewegungen schmerzhaft bis unmöglich; oft kommt es zu einer Schwellung und einem Bluterguss in der Leiste. Wiederholte Überlastungen können zu chronischen Beschwerden führen, etwa zum Adduktorensyndrom (chronischer Ansatzreizung der Adduktoren am Schambein).
Eine spezielle Form chronischer Leistenschmerzen bei Sportlern ist die Sportlerleiste, auch weiche Leiste oder Sporthernie genannt. Darunter versteht man keine echte Hernie, sondern eine Schwächung der hinteren Leistenkanalwand (meist Ausdünnung der Fascia transversalis) durch wiederholte Belastung. Diese Schwächung kann zu Schmerzen führen, indem sie Nerven in der Leiste gereizt und eine beginnende Vorwölbung ohne klaren Bruchsack verursacht. Betroffene klagen oft über diffuse, belastungsabhängige Leistenschmerzen, die sich z.B. beim Husten oder Pressen verstärken. Die Schmerzen können in die Adduktorenregion, den Unterbauch oder bei Männern in die Hoden ausstrahlen. Sportlerleisten treten vor allem bei Sportarten mit schnellen Richtungswechseln auf (Fußball, Eishockey, Tennis etc.). Neben Muskeln und Sehnen können auch Knochenverletzungen Schmerzen in der Leiste verursachen – so führt ein Beckenbruch (Fraktur der Beckenknochen) nach Unfällen oft zu starken Leisten- und Hüftschmerzen.
Hernien (Leisten- und Schenkelbrüche)
Ein Leistenbruch (Leistenhernie, Hernia inguinalis) entsteht, wenn sich Baucheingeweide – zum Beispiel ein Darmanteil – durch eine Lücke in der Bauchwand nach außen vorwölben. Diese Lücke entsteht meist im Bereich des Leistenkanals, der eine natürliche Schwachstelle darstellt. Von außen kann ein Leistenbruch als weiche Schwellung oder Beule in der Leiste auffallen, die sich vor allem im Stehen oder beim Husten zeigt. Typische Symptome sind ziehende oder brennende Schmerzen in der Leiste, die sich bei Druckerhöhung (Husten, Niesen, Pressen) verstärken können. Manchmal strahlt der Schmerz in umliegende Bereiche aus, z.B. in Hoden oder Schamlippen. Nicht jeder Leistenbruch verursacht sofort Schmerzen – kleine Hernien bleiben gelegentlich lange unbemerkt.
Neben der klassischen Leistenhernie gibt es den Schenkelbruch (Schenkelhernie, Hernia femoralis). Hier tritt Gewebe durch eine Lücke unterhalb des Leistenbandes aus. Die resultierende Vorwölbung ist eher in Richtung Oberschenkelansatz zu sehen oder zu tasten. Schenkelhernien kommen insgesamt seltener vor (insbesondere bei Männern sind sie rare Ursachen von Leistenschmerz), betreffen aber verhältnismäßig häufiger Frauen.
Ein unbehandelter Bruch birgt die Gefahr, dass sich Eingeweide im Bruchsack einklemmen (Inkarzeration). Dann wird die Durchblutung des Darmteils abgeschnürt – ein lebensgefährlicher Notfall, der sofort operativ versorgt werden muss. Anzeichen einer solchen Einklemmung können plötzlich einsetzende heftige Schmerzen, eine verhärtete, nicht mehr zurückdrückbare Schwellung und Übelkeit/Erbrechen sein. Insgesamt zählen Leisten- und Schenkelhernien zu den häufigsten Ursachen von Leistenschmerzen und sollten immer ärztlich abgeklärt werden.
Nervenirritationen
Nervenreizungen oder -schäden im Leistenbereich können zu brennenden, ausstrahlenden Schmerzen führen. Ein wichtiger Nerv ist der Nervus ilioinguinalis, der die Haut der Leiste und Genitalregion versorgt. Wird dieser Nerv eingeklemmt oder gereizt (sogenanntes Ilioinguinalissyndrom), klagen Patienten über Schmerzen in der Leiste, oft mit Ausstrahlung in den Unterbauch oder die inneren Oberschenkel. Charakteristisch ist, dass bestimmte Bewegungen die Beschwerden verstärken: So sind beim Ilioinguinalissyndrom beispielsweise die Innenrotation und Streckung des Hüftgelenks wegen der Schmerzen eingeschränkt. Die Betroffenen nehmen beim Gehen oft eine Schonhaltung (gebeugter Rumpf) ein, um den Zug auf den Nerven zu verringern. Eine Nervenkompression dieser Art entsteht nicht selten nach Operationen im Unterbauch oder Leistenbereich – Narbengewebe kann den Nerv einengen. Mögliche Auslöser sind z.B. Hernienoperationen, Appendektomie (Blinddarm-OP) oder gynäkologische Eingriffe, bei denen der ilioinguinale Nerv verletzt oder verdrängt wurde.
Neben peripheren Nerven können auch Nervenwurzeln der Wirbelsäule Schmerzen in die Leiste projizieren. So kann ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule durch Druck auf bestimmte Nervenwurzeln (etwa L1–L2) ein Schmerzempfinden in der Leistenregion auslösen. In solchen Fällen treten oft gleichzeitig Rückenschmerzen oder neurologische Ausfälle (Kribbeln, Taubheit im Versorgungsgebiet) auf. Daneben sind weitere Nerven im Leistenbereich potenziell an Schmerzzuständen beteiligt, z.B. der Nervus genitofemoralis (dessen Genitalast den Samenstrang bzw. die Labien versorgt) oder der Nervus obturatorius, der bei Irritation Schmerzen in Leiste und Oberschenkelinnenseite verursachen kann. Insgesamt sollten bei unklaren Leistenschmerzen auch neurologische Ursachen in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn der Schmerzcharakter neuropathisch (brennend, einschießend) ist oder Sensibilitätsstörungen bestehen.
Urologische und gynäkologische Ursachen
Erkrankungen der Geschlechtsorgane oder Harnwege können sich ebenfalls mit Leistenschmerzen bemerkbar machen, oft zusätzlich zu lokaleren Unterbauch- oder Genitalschmerzen. Männer sollten bei starken Leistenschmerzen besonders an akute Hodenerkrankungen denken. Eine Hodenverdrehung (Hodentorsion) etwa verursacht heftigste Schmerzen, die vom Hoden in die Leiste ausstrahlen können, begleitet von einer geschwollenen, geröteten Skrotalhaut – hier ist sofortige ärztliche Hilfe nötig. Auch eine Nebenhodenentzündung (Epididymitis) oder Hodenentzündung (Orchitis) kann in die Leiste ziehende Schmerzen hervorrufen, meist verbunden mit Schwellung und Fieber. Mitunter liegt ein indirekter Leistenbruch vor, der bis in den Hodensack reicht und dort Schmerzen verursacht. Eher selten führt sogar ein Tumor (Hodenkrebs) initial zu einem Ziehen in der Leiste, häufig begleitet von einer schmerzlosen Verhärtung im Hoden. Insgesamt gilt: Jede unklare Veränderung oder Schmerz im Hoden-/Leistenbereich des Mannes sollte rasch abgeklärt werden.
Bei Frauen kommen zusätzlich gynäkologische Ursachen in Betracht. Eine einseitige Eierstockzyste kann z.B. durch Kapselspannung oder -riss akute Schmerzen verursachen, die in die entsprechende Leiste ausstrahlen. Ähnliches gilt für eine Adnexitis (Eileiter- oder Eierstockentzündung) oder Endometriose im Beckenbereich – hier treten oft zyklusabhängige, teils krampfartige Unterbauchschmerzen auf, die bis in die Leiste reichen können. Eine seltene, aber wichtige Differentialursache ist die Eileiterschwangerschaft (Extrauteringravidität): Wenn sich ein Embryo im Eileiter statt in der Gebärmutter einnistet, können zwischen der 6. und 9. Schwangerschaftswoche einseitige Unterbauchschmerzen auftreten, die in die Leiste ausstrahlen. Beim Eileiterriss kommt es zu heftigen inneren Blutungen mit Schockzeichen – ein lebensbedrohlicher Zustand, der notfallmäßig behandelt werden muss. In der Schwangerschaft kann zudem eine Beckenringlockerung auftreten: Durch hormonelle Auflockerung der Bänder im Becken kurz vor der Geburt können starke Schmerzen in Schambein und Leistenregion entstehen.
Zu den urologischen Ursachen zählt vor allem der Harnstein (Nieren- oder Harnleiterstein). Ein Stein, der vom Nierenbecken durch den Harnleiter wandert, verursacht klassischerweise kolikartige Schmerzen in der Flanke oder im Rücken. Bei bestimmten Lagen – etwa wenn der Stein im unteren Harnleiter steckt – strahlen diese krampfartigen Schmerzen bis in die Leiste und bei Männern oft in den Hoden aus. Häufig treten Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen oder Blut im Urin auf. Solche Symptome einer Nierenkolik gelten als Notfall, der sofortige ärztliche Behandlung erfordert. Auch Blasenentzündungen oder Prostataerkrankungen können gelegentlich in die Leistengegend ausstrahlen, stehen aber eher selten im Vordergrund der Leistenschmerz-Ursachen.
Hüftgelenksprobleme
Erkrankungen des Hüftgelenks äußern sich häufig durch Schmerzen in der Leiste, da die Gelenkkapsel und umliegenden Strukturen in dieses Gebiet projizieren. Ein verbreitetes Beispiel ist die Hüftarthrose (Coxarthrose), also der alters- oder belastungsbedingte Knorpelverschleiß im Hüftgelenk. Typischerweise klagen Patienten über belastungsabhängige, dumpfe Leistenschmerzen, oft verbunden mit einer eingeschränkten Beweglichkeit der Hüfte (z.B. Schwierigkeiten beim Schuhe Anziehen). In frühen Stadien treten Anlaufschmerzen nach dem Aufstehen auf, im Verlauf können Dauerschmerzen hinzukommen. Untersuchungen zeigen, dass Leistenschmerz ein Leitsymptom der Hüftarthrose ist.
Auch jüngere Menschen können Hüftprobleme mit Leistenschmerz entwickeln, etwa beim Impingement der Hüfte (femoroazetabuläres Impingement, FAI). Dabei passt die Form von Hüftkopf und Pfanne nicht optimal zusammen, was bei Beugung und Innenrotation zu einem schmerzhaften Einklemmen führt. Betroffene (häufig aktive junge Erwachsene) berichten über stechende oder klemmende Schmerzen „tief in der Leiste“, ausgelöst insbesondere durch extremes Anwinkeln und Drehen des Hüftgelenks (z.B. längeres Sitzen in tiefer Position, wie im Auto oder Kino). Unbehandelt kann ein FAI langfristig zu Knorpelschäden und früher Arthrose führen. Weitere Hüfterkrankungen mit möglicher Leistenbeteiligung sind z.B. die Hüftkopfnekrose (Absterben des Hüftkopfknochens, oft mit plötzlich einsetzenden Leistenschmerzen) oder eine Schleimbeutelentzündung der Hüfte. Auch nach Hüftgelenksverletzungen (wie Luxationen oder Brüchen) können fortbestehende Leistenschmerzen auftreten.
Neben echten Hüfterkrankungen sollte man bei Leistenbeschwerden auch an die Verbindung zwischen Schambeinen denken: Eine Schambeinentzündung (Osteitis pubis) – oft bei Sportlern durch chronische Überlastung – verursacht Schmerzen über dem Schambein und in der Leiste, besonders bei Belastung und Druck. Diese Entzündung der Schamfuge ist zwar seltener, aber für Betroffene langwierig und bedarf konsequenter Schonung.
Weitere Auslöser
Die obigen Kategorien decken die Hauptursachen ab. Daneben gibt es weitere mögliche Auslöser von Leistenschmerzen, die seltener sind, aber der Vollständigkeit halber erwähnt werden sollten: Geschwollene Lymphknoten in der Leiste können druckschmerzhaft sein – sie treten z.B. bei Infektionen im Beinbereich oder Genitalbereich auf (etwa bei einer infizierten Wunde am Bein). Eine Blinddarmentzündung (Appendizitis) verursacht meist Schmerzen im rechten Unterbauch, die aber bei atypischer Lage des Wurmfortsatzes auch in die rechte Leiste ausstrahlen können. Seltene Gefäßerkrankungen, etwa eine Aneurysma-Bildung der Beckenarterien oder krampfartige Erweiterungen der Venen (Leistenkrampfader), können ebenfalls Leistenschmerzen nach sich ziehen. Schließlich kann ein tiefer Abszess (Eiteransammlung), z.B. ein Psoas-Abszess, durch Raumforderung die Leiste vorwölben und Schmerzen sowie Fieber verursachen. Diese seltenen Ursachen erfordern meist spezielle diagnostische Schritte und Therapien.
Symptome und Verlauf
Leistenschmerzen zeigen ein breites Spektrum an Symptomen, abhängig von der zugrunde liegenden Ursache. Charakteristisch ist der Schmerzort: Betroffene verspüren den Schmerz im Leistenbereich, also am Übergang vom Unterbauch zum Oberschenkel, häufig in der Nähe des Leistenbandes. Die Schmerzintensität kann stark variieren – von leichtem Ziehen bis zu heftigen, stechenden Schmerzen. Wichtig ist auch die zeitliche Komponente: Akut auftretende Leistenschmerzen deuten oft auf Verletzungen (z.B. Muskelriss, Hodentorsion) oder akute Ereignisse (Einklemmung bei Hernie, Harnleiterstein) hin, während chronische oder immer wiederkehrende Schmerzen eher durch Verschleiß (Arthrose), langwierige Überlastungsprobleme (Sportlerleiste, Osteitis pubis) oder chronische Nervenreizungen bedingt sind.
Viele Patienten berichten, dass sich die Schmerzstärke bei Bewegung verändert. So treten Leistenschmerzen häufig beim Sport, Gehen oder Aufstehen aus dem Sitzen auf. Auch bestimmte Provokationen wie Husten oder Niesen können je nach Ursache den Schmerz auslösen oder verstärken – beispielsweise verstärkt dies oft die Beschwerden einer Sportlerleiste oder macht einen verborgenen Leistenbruch bemerkbar. In Ruhe lassen die Schmerzen dagegen manchmal nach (etwa bei Muskelzerrungen), wobei bei ernsthaften Ursachen (z.B. Entzündungen, eingeklemmter Hernie) auch in Ruhe persistierende oder zunehmende Schmerzen möglich sind.
Begleitsymptome geben oft Hinweise auf die Ursache: Eine sicht- oder tastbare Vorwölbung in der Leiste spricht für eine Hernie. Rötung, Überwärmung und Fieber deuten auf entzündliche Prozesse hin (z.B. Abszess, Infektion). Übelkeit und kolikartige Schmerzattacken passen zu Harnleitersteinen, während ausstrahlende Schmerzen in Rücken oder Bein auf einen nervalen Ursprung hindeuten können. Bei Hüftgelenksproblemen ist oft eine Einschränkung der Beweglichkeit auffällig – das Bein lässt sich etwa nicht mehr voll nach innen drehen oder hüftwärts anziehen, ohne den typischen Schmerz auszulösen. Manchmal nehmen Betroffene unbewusst eine Schonhaltung ein (z.B. leichtes Hinken oder Vorbeugen), um den Schmerz zu vermeiden.
Der Verlauf von Leistenschmerzen hängt von der Ursache ab. Unbehandelte Probleme können sich verschlimmern: Aus einer leichten Zerrung kann bei weiterer Belastung ein Muskelfaserriss werden, und aus einem kleinen Leistenbruch eventuell ein größerer mit Einklemmungsrisiko. Chronische Leistenschmerzen bei Sportlern können die Aktivität erheblich einschränken und bedürfen mitunter langer Rehabilitationszeiten. Bei frühzeitiger Behandlung hingegen bessern sich viele Ursachen gut. Muskelverletzungen heilen meist innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen unter Schonung und Therapie aus. Auch Nervenreizungen können zurückgehen, wenn der auslösende Druck beseitigt wird (etwa durch Narbenlösung). Verschleißbedingte Schmerzen (Arthrose) schreiten oft langsam fort, können aber durch geeignete Maßnahmen (Physiotherapie, ggf. Operation) im Verlauf gebessert oder aufgehalten werden. Entscheidend ist, die Ursache korrekt zu erkennen und gezielt zu behandeln – dann sind die Aussichten, dass Leistenschmerzen verschwinden oder zumindest kontrollierbar werden, in vielen Fällen gut.
Diagnostik
Ärztliche Untersuchungsmethoden
Die Abklärung von Leistenschmerzen beginnt mit einer gründlichen ärztlichen Untersuchung. Zunächst wird im Gespräch (Anamnese) die Schmerzgeschichte erhoben. Der Arzt oder die Ärztin fragt z.B., seit wann die Schmerzen bestehen, ob sie plötzlich (akut) oder schleichend (chronisch) begannen, und ob ein konkretes Ereignis (Sportverletzung, Sturz) vorausging. Wichtig sind auch die Schmerzcharakteristik (stechend, dumpf, ziehend), die Intensität und welche Aktivitäten den Schmerz auslösen oder verstärken (z.B. Sport, Husten, längeres Sitzen). Vorerkrankungen und frühere Operationen im Leisten- oder Hüftbereich (z.B. ein zurückliegender Leistenbruch oder ein Hüftgelenksausrenken) werden ebenfalls erfragt. Für sportlich aktive Patienten ist relevant, welche Sportarten betrieben werden, da z.B. Fußball oder Eishockey typischerweise mit anderen Verletzungsrisiken einhergehen als etwa Radfahren.
Auf die Anamnese folgt die körperliche Untersuchung. Zunächst inspiziert der Arzt die Region: Gibt es Schwellungen, Hämatome oder eine sichtbare Beule in der Leiste? Auffälligkeiten wie Schonhaltungen oder Beinlängendifferenzen werden ebenfalls geprüft. Es schließt sich die Palpation (Abtasten) an: Die Leiste und der untere Bauch werden vorsichtig abgetastet, um druckschmerzhafte Punkte oder Lücken in der Bauchwand aufzuspüren. Die Hinterwand des Leistenkanals wird untersucht, beim Mann tastet der Arzt zudem den Hoden und Leistenkanal, um einen möglichen Bruch zu fühlen. Auch Lymphknoten lassen sich in der Leiste tasten – sind sie stark vergrößert oder schmerzhaft, weist das auf eine zugrunde liegende Infektion hin. In der Funktionsprüfung testet der Arzt die Beweglichkeit und Kraft verschiedener Muskelgruppen: Beispielsweise lässt er den Patienten das Bein anheben, abspreizen oder nach innen/außen drehen, um zu sehen, ob und wo Schmerzen auftreten. Spezifische klinische Tests kommen je nach Verdacht zur Anwendung – etwa ein positiver Impingement-Test (Schmerzprovokation bei 90° Hüftbeugung mit Innenrotation) kann einen Hüftengpass anzeigen. Auch eine orientierende neurologische Untersuchung ist oft Teil der Diagnostik: Sensibilität und Reflexe in den Beinen werden geprüft, um etwa Nervenschäden auszuschließen.
In einigen Fällen gehören Laboruntersuchungen zur Abklärung: Blutwerte können Hinweise auf Entzündungen liefern (erhöhte Entzündungsparameter bei Verdacht auf Abszess oder Infektion). Bei weiblichen Patienten mit unklarem Unterleibsschmerz wird eventuell ein Schwangerschaftstest durchgeführt (um eine Eileiterschwangerschaft zu erkennen oder auszuschließen).
Wichtig ist insgesamt ein systematisches Vorgehen, da Leistenschmerz viele Ursachen haben kann. Gegebenenfalls werden verschiedene Fachärzte hinzugezogen (Orthopäden, Chirurgen, Urologen, Gynäkologen), um alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
Bildgebung
Um die Verdachtsdiagnose zu sichern oder bestimmte Ursachen auszuschließen, werden häufig bildgebende Verfahren eingesetzt. Die einfachste Methode ist der Ultraschall (Sonografie), der sich besonders bei weichem Gewebe anbietet. Ein erfahrener Untersucher kann per Ultraschall z.B. einen Leistenbruch nachweisen (sichtbarer Bruchsack bei Pressversuch), Flüssigkeitsansammlungen oder Abszesse darstellen oder vergrößerte Lymphknoten erkennen. Auch Muskelverletzungen (Faserrisse, Hämatome) lassen sich sonografisch oft gut beurteilen. Bei unklaren Befunden oder tieferen Strukturen kann eine Magnetresonanztomografie (MRT) sinnvoll sein. Das MRT liefert detaillierte Schnittbilder und ist hilfreich bei der Diagnose von Hüftgelenkspathologien (Knorpelschäden, Labrumrisse), Weichteilverletzungen oder Nervenkompressionssyndromen. In bestimmten Situationen kommen auch Röntgenaufnahmen zum Einsatz – etwa bei Verdacht auf knöcherne Veränderungen (Hüftarthrose, Ermüdungsbruch). Ein Röntgenbild des Beckens kann eine Arthrose sichtbar machen oder eine Schambeinentzündung andeuten (Sklerosierungen an der Symphyse). Bei spezifischem Verdacht kann auch eine Computertomografie (CT) erforderlich sein, z.B. um komplexe Frakturen darzustellen oder Steine im Harnleiter genauer zu lokalisieren. In seltenen Fällen werden Spezialmethoden angewandt, etwa eine Herniografie (Kontrastmitteldarstellung kleiner Hernien) oder eine Szintigrafie bei Verdacht auf Knochenerkrankungen. Insgesamt gilt: Die Bildgebung wird zielgerichtet nach klinischem Befund gewählt und kann wesentlich zur Klärung der Leistenschmerzursache beitragen.
Selbsttests für zuhause
Einige einfache Selbsttests können Hinweise auf die Ursache von Leistenschmerzen liefern. Sie ersetzen keine professionelle Diagnose, können aber dabei helfen, Beobachtungen für das Arztgespräch zu sammeln:
- Husten- und Press-Test: Treten in der Leiste vermehrt Schmerzen oder gar eine vorwölbende Beule auf, wenn man im Stehen hustet oder presst (Bauchpresse), kann dies auf einen Leistenbruch hinweisen. Ein solcher Test wird auch vom Arzt genutzt – die Hernie zeigt sich dabei deutlicher und lässt sich ertasten. Wenn bei eigenem Testen eine ungewöhnliche Schwellung bemerkbar ist, sollte man umgehend einen Arzt konsultieren.
- Abtasten der Leiste: Durch vorsichtiges Tasten mit den Fingern kann man feststellen, ob bestimmte Punkte besonders schmerzhaft sind. Ein druckschmerzhaftes Areal am Schambein (dort wo die Adduktoren ansetzen) spricht z.B. für eine Entzündung oder Überlastung der Sehnenansätze (Adduktorensyndrom). Ein harter, verschiebbarer Knoten in der Leistengegend könnte ein vergrößerter Lymphknoten sein, was auf eine Infektion hindeutet. Eine weiche, nachgiebige Vorwölbung, die sich im Liegen zurückbildet, deutet wiederum auf eine Hernie hin. Wichtig: Das Abtasten sollte behutsam erfolgen; bei Verdacht auf einen akuten Notfall (z.B. eingeklemmter Bruch) lieber nicht selbst herumdrücken, sondern sofort medizinische Hilfe suchen.
- Muskel-Provokationstest: Um eine Muskelverletzung zu vermuten, kann man bestimmte Bewegungen gegen Widerstand ausprobieren. Ein Beispiel ist der Adduktorentest: Legen Sie sich in Rückenlage und drücken Sie bei gestreckten Beinen die Knie oder Füße gegeneinander (etwa indem eine andere Person oder ein Gegenstand Widerstand bietet). Verstärkt dies den Schmerz in der Leiste deutlich, kann eine Adduktorenzerrung oder -verletzung vorliegen. Auch ein einbeiniger Hüpftest oder Ausfallschritt kann Schmerzen provozieren, wenn die entsprechenden Muskeln oder Sehnen verletzt sind. Treten bei solchen Aktionen stechende Schmerzen oder Nachlassen der Kraft auf, sollte das betroffene Bein geschont und ärztlich untersucht werden.
- Beweglichkeitstest der Hüfte: Um grob die Hüftgelenksbeteiligung zu prüfen, kann man im Liegen oder Sitzen das Knie zur Brust ziehen und die Hüfte nach innen drehen (Impingement-Bewegung). Wird dabei der gewohnte Leistenschmerz ausgelöst, liegt der Verdacht nahe, dass das Hüftgelenk (z.B. durch Impingement oder Arthrose) involviert ist. Auch Einschränkungen, wie dass das Bein nicht vollständig nach außen rotieren kann, wären ein Hinweis. Dieser Test erfordert jedoch etwas Übung; im Zweifel sollte die genaue Bewegungsprüfung dem Arzt oder Physiotherapeuten überlassen werden.
Generell gilt: Selbsttests können erste Anhaltspunkte bieten, doch die endgültige Diagnose sollte immer vom Fachpersonal gestellt werden. Wer unsicher ist oder bei einem Selbsttest starke Schmerzen verspürt, sollte nicht weiterprobieren, sondern eine medizinische Abklärung vornehmen lassen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Leistenschmerzen richtet sich immer nach der zugrunde liegenden Ursache. Oft ist eine konservative (nicht-operative) Therapie ausreichend, in anderen Fällen kommt man um einen operativen Eingriff nicht herum. Im Folgenden werden die wichtigsten Ansätze vorgestellt:
Konservative Therapie
Viele Ursachen von Leistenschmerzen lassen sich zunächst konservativ behandeln. Im Vordergrund steht dabei meist, die Schmerzen zu lindern und dem geschädigten Gewebe Zeit zur Heilung zu geben. Typische konservative Maßnahmen sind:
- Schonung und Entlastung: Akute Muskelverletzungen oder Überlastungsbeschwerden erfordern Ruhe. Sportliche Aktivitäten sollten pausiert und belastende Bewegungen vermieden werden, bis eine Besserung eintritt. Gegebenenfalls hilft das vorübergehende Tragen eines Leisten-Stützbandes bei einem kleinen Hernienvorsprung, um weitere Vorwölbungen zu verhindern (als Übergang bis zur OP oder bei nicht sofortiger OP-Indikation).
- Physiotherapie (Krankengymnastik): Gezielte Übungen und physikalische Maßnahmen spielen eine große Rolle. Physiotherapie kann Muskelungleichgewichte korrigieren, verkürzte Strukturen dehnen und geschwächte Muskulatur kräftigen. Insbesondere bei chronischen Leistenschmerzen durch Überlastung (Sportlerleiste, Adduktorensyndrom) werden oft Übungsprogramme verordnet, um die Rumpf- und Hüftmuskulatur zu stabilisieren. Wichtig ist die regelmäßige und korrekte Durchführung – Therapeut:innen zeigen den Patienten, wie sie die Übungen zuhause fortsetzen können. Auch manuelle Therapie (Lockerung von Verspannungen, Lösen von Verklebungen) oder Massagen können zum konservativen Konzept gehören.
- Medikamentöse Schmerztherapie: Zur Linderung der Schmerzen kommen gängige Schmerzmittel zum Einsatz, z.B. nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac, die zudem entzündungshemmend wirken. Bei sehr starken Schmerzen können kurzzeitig auch stärkere Analgetika verordnet werden. Entzündungshemmende Salben oder Pflaster (mit z.B. Diclofenac) lassen sich lokal auftragen, etwa bei Muskelzerrungen, um die Heilung zu unterstützen.
- Kälte- und Wärmeanwendungen: Je nach Ursache können lokale Anwendungen hilfreich sein. Bei frischen Muskelzerrungen empfiehlt sich in den ersten 48 Stunden eher Kühlung (z.B. Eispack in ein Tuch gewickelt auflegen), um Schwellung und Einblutung zu reduzieren. Im späteren Verlauf oder bei chronischen Muskelansatzreizungen kann auch Wärme entspannend wirken. Umgekehrt gilt: Bei arthrotischen Beschwerden oder chronischen Hüftschmerzen empfinden viele Patienten Wärme (Wärmflasche, warmes Bad) als lindernd, da sie die Durchblutung fördert und Muskelverspannungen mindert. Kälte wäre hier kontraproduktiv. Der Einsatz von Hausmitteln sollte stets an den Auslöser angepasst sein – im Zweifel kann der Arzt Hinweise geben, was im individuellen Fall empfehlenswert ist.
- Orthopädische Hilfsmittel: Wenn Fehlstellungen zugrunde liegen, können z.B. Schuheinlagen oder spezielle Schuhe helfen. Bei Fußfehlstellungen oder Beinlängendifferenzen, die zu Fehlbelastungen führen, verordnet der Orthopäde oft orthopädische Einlagen. Diese korrigieren die Statik und nehmen Zug von der Leistenregion, wodurch sich die Schmerzen bessern können. In manchen Fällen sind auch Bandagen oder Gurte angezeigt (etwa ein Leistenbruchband bei nicht operabler Hernie, oder ein Beckengurt bei Symphysenlockerung in der Schwangerschaft).
- Infiltrationen und weitere Maßnahmen: Bei hartnäckigen Schmerzen können lokale Injektionen erwogen werden. Zum Beispiel spritzt man bei einem Ilioinguinalissyndrom manchmal ein Lokalanästhetikum oder Cortison um den Nerv, um die Entzündung zu dämpfen. Auch Triggerpunkt-Injektionen in verhärtete Muskeln oder entzündungshemmende Spritzen an Sehnenansätze (vorsichtig dosiert) sind möglich. In Spezialfällen – etwa beim chronischen Schambeinschmerz – kommen mitunter Stoßwellentherapie oder andere Verfahren zum Einsatz. Solche Maßnahmen gehören jedoch in die Hand von Fachärzten.
Wichtig bei allen konservativen Therapien ist regelmäßige Kontrolle des Verlaufs. Wenn trotz ausreichend Zeit und geeigneter Maßnahmen keine Besserung eintritt, muss die Diagnose überprüft oder eine invasivere Therapie erwogen werden.
Operative Therapie
Manche Ursachen von Leistenschmerzen erfordern eine Operation, sei es zur Beseitigung der Ursache oder zur Notfallbehandlung. Zu den wichtigsten operativen Szenarien zählen:
- Leistenbruch-Operation: Ein Leistenbruch wird oft chirurgisch versorgt, vor allem wenn er Beschwerden verursacht. Bei Kindern und Frauen empfehlen ÄrztInnen in der Regel immer eine Operation, da das Einklemmungsrisiko höher ist; bei erwachsenen Männern kann bei sehr kleinen, asymptomatischen Hernien zunächst abgewartet werden. Treten jedoch Schmerzen auf oder vergrößert sich der Bruch, sollte operiert werden. Es gibt verschiedene Techniken (offen oder minimal-invasiv, mit oder ohne Netzverstärkung), die je nach Fall eingesetzt werden. Eingeklemmte Hernien stellen einen Notfall dar – hier wird sofort operiert, um die Durchblutung der eingeklemmten Darmschlinge wiederherzustellen.
- Sportlerleiste (Sporthernie): Wenn konservative Maßnahmen bei chronischen Sportlerleisten versagen, kann eine Operation notwendig werden. Tatsächlich wird die Sporthernie häufig operativ angegangen: Dabei stärkt man die Hinterwand des Leistenkanals, oft durch Einbringen eines Kunststoffnetzes (ähnlich wie bei einem echten Leistenbruch), und löst eventuelle Nervenkompressionen. Nach solch einem Eingriff ist eine Rehabilitationsphase mit Physiotherapie wichtig, bevor der Sport schrittweise wieder aufgenommen wird.
- Hüftchirurgie: Bei schweren Hüftgelenksschäden kann ein operativer Eingriff angezeigt sein. Beispielsweise wird bei fortgeschrittener Hüftarthrose, die mit starken Leistenschmerzen und Bewegungseinschränkung einhergeht, häufig eine Endoprothese (künstliches Hüftgelenk) eingesetzt, um die Schmerzen zu beseitigen. Jüngere Patienten mit femoroazetabulärem Impingement können von einer arthroskopischen Operation profitieren, bei der die Knochenfehlformen geglättet werden, um das Einklemmen zu verhindern. Frakturen im Becken/Hüftbereich müssen je nach Art operativ stabilisiert werden.
- Urologische/gynäkologische Eingriffe: Eine akute Hodentorsion wird umgehend operativ detorquiert (zurückgedreht) und der Hoden fixiert, um ihn zu erhalten. Eine Eileiterschwangerschaft muss operativ (heutzutage oft per Bauchspiegelung) entfernt oder medikamentös beendet werden, bevor es zu Komplikationen kommt. Größere Ovarialzysten, die Schmerzen verursachen, werden ebenfalls häufig minimal-invasiv entfernt. Harnleitersteine, die von selbst nicht abgehen, können mittels Endoskopie oder Stoßwellen zertrümmert oder herausgeholt werden, wodurch auch die ausstrahlenden Leistenschmerzen verschwinden.
- Abszess- und Tumorchirurgie: Ein tiefer Abszess im Psoas-Muskel, der die Leiste schmerzhaft vorwölbt, muss chirurgisch eröffnet und drainiert werden, oft kombiniert mit Antibiotikatherapie. Tumoren im Leistenbereich (z.B. Lymphome oder Sarkome) sind selten, würden aber ebenfalls onkochirurgisch behandelt.
Im Allgemeinen gilt: Operiert wird, wenn notwendig. Viele Eingriffe, gerade bei Hernien, gehören zu den Routineoperationen mit guten Erfolgsraten. Die Entscheidung zur Operation hängt vom Nutzen-Risiko-Verhältnis ab und wird individuell getroffen. Nach operativer Behandlung von Leistenschmerz-Ursachen ist meist eine Phase der Schonung und ggf. Physiotherapie zur vollständigen Wiederherstellung nötig.
Prävention und Training
Vorbeugend kann man einiges tun, um Leistenschmerzen gar nicht erst entstehen zu lassen – insbesondere, wenn man bestimmte Risikofaktoren kennt (etwa intensive sportliche Belastung). Wichtige Maßnahmen zur Prävention sind:
- Kräftigung und Dehnung der Muskulatur: Ein zentrales Element ist ein gezieltes Training der Rumpf-, Hüft- und Oberschenkelmuskulatur. Starke Bauchmuskeln und Beckenbodenmuskeln können dem inneren Bauchdruck besser entgegenwirken, wodurch das Hernienrisiko sinkt. Kräftige Oberschenkel- und Gesäßmuskeln stabilisieren die Hüft- und Kniegelenke, entlasten diese und verhindern Fehlbewegungen oder Schonhaltungen. Empfehlenswert sind z.B. Übungen wie breite Kniebeugen (stärken Adduktoren und Bauchmuskeln) oder seitliche/diagonale Ausfallschritte (kräftigen Oberschenkel und Gesäß). Auch regelmäßiges Dehnen der Leisten- und Oberschenkelmuskulatur (z.B. im sogenannten „Prinzenstand“, einer Dehnübung für die Hüftbeuger) erhält die Flexibilität und beugt Verletzungen vor. Wer unsicher ist, sollte sich von Physiotherapeuten geeignete Übungen zeigen lassen. Allgemein gilt: ein ausbalanciertes Training der Muskelgruppen im Becken-, Hüft- und Rumpfbereich ist die beste Prophylaxe gegen sportbedingte Leistenschmerzen.
- Aufwärmen und Technik beim Sport: Vor sportlicher Belastung sollte immer ein angemessenes Aufwärmprogramm stehen. Lockerungs- und Dehnübungen erhöhen die Durchblutung und Elastizität der Muskulatur, wodurch Zerrungen in der Leiste vorgebeugt wird. Zudem ist auf eine saubere Technik zu achten: Bewegungsabläufe gleichmäßig von den Muskeln führen lassen und ruckartige Aktionen meiden. Gerade Sportarten mit hoher Leistenbelastung (Fußball, Tennis, Kampfsport) erfordern ein sportartspezifisches Krafttraining, um den Körper vorzubereiten. Überschätzen Sie nicht Ihre Belastungsgrenzen und steigern Sie Trainingsumfang und -intensität schrittweise – so lassen sich Überlastungsschäden vermeiden.
- Körpergewicht und Ernährung: Ein gesundes Körpergewicht entlastet die Leistenregion. Übergewicht bedeutet zusätzlichen Druck auf Bauchwand und Gelenke und begünstigt unter anderem Hernienbildung. Durch eine ausgewogene Ernährung kann man zudem bestimmten Ursachen vorbeugen – z.B. reduziert eine fleischarme, gemüse- und ballaststoffreiche Kost das Risiko für Harnsäuresteine (Nierensteine) und damit für steinausgelöste Leistenschmerzen. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr unterstützt ebenfalls die Nierengesundheit. Allgemein fördert ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung und guter Ernährung die Stabilität von Knochen, Muskeln und Bindegewebe in der Leistenregion.
- Ergonomie und Alltagsverhalten: Auch im Alltag lassen sich leistenschonende Verhaltensweisen integrieren. Beim Heben schwerer Gegenstände sollte man stets die richtige Hebetechnik anwenden: in die Knie gehen, mit geradem Rücken heben und ruckartige Bewegungen vermeiden. Nutzen Sie bei sehr schweren Lasten Hilfsmittel (Tragegurte, Sackkarren), um den Druck von der Bauchwand zu nehmen. Achten Sie auf gutes Schuhwerk – passende Schuhe und ggf. orthopädische Einlagen korrigieren Fußfehlstellungen, die sonst zu Fehlbelastungen bis in die Leiste führen könnten. Bei einseitigen Belastungen (langem Sitzen, Stehen) helfen regelmäßige Positionswechsel und kleine Übungen zwischendurch, Muskelverspannungen im Leisten- und Hüftbereich vorzubeugen.
Trotz aller Prävention lassen sich nicht alle Ursachen von Leistenschmerzen vermeiden – aber man kann das Risiko deutlich reduzieren, indem man die genannten Ratschläge befolgt. Besonders Sportler sollten auf ihren Körper hören: sich bei Leistenschmerzen frühzeitig schonen und nicht „darüber hinwegtrainieren“. So kann man kleinen Problemen vorbeugen, bevor sie zu langwierigen chronischen Schmerzen werden.
Wann ärztliche Hilfe notwendig ist
Leistenschmerzen sollten ernst genommen werden, vor allem wenn sie ungewöhnlich stark sind oder mit alarmierenden Symptomen einhergehen. In folgenden Situationen ist eine ärztliche Untersuchung dringend ratsam:
- Akut starke Schmerzen oder plötzlicher Beginn: Treten die Schmerzen abrupt und heftig auf, könnte eine ernsthafte Ursache vorliegen (z.B. ein eingeklemmter Leistenbruch). Solche akuten Schmerzen, ggf. begleitet von einer Schwellung, bedürfen sofortiger Abklärung.
- Schmerzhafte Schwellung oder Ausstrahlung: Wenn in der Leiste eine Schwellung tastbar ist, die mit Schmerzen einhergeht, sollte man umgehend zum Arzt gehen. Insbesondere eine verhärtete, druckempfindliche Beule kann auf einen Herniennotfall hinweisen. Auch Schmerzen, die aus dem Unterbauch in die Leiste ausstrahlen oder von der Leiste in den Hoden/Schambereich wandern, sind ein Alarmsignal – etwa bei möglicher Hodentorsion oder Blinddarmentzündung.
- Begleitende Allgemeinsymptome: Fieber, Übelkeit, Erbrechen oder Kreislaufprobleme in Kombination mit Leistenschmerzen deuten auf einen potentiellen Notfall hin. Beispielsweise können Fieber und Unwohlsein auf einen Abszess oder eine Infektion hindeuten, während Übelkeit mit kolikartigem Schmerz eine Nierenkolik vermuten lässt. In solchen Fällen nicht abwarten, sondern sofort ärztliche Hilfe suchen.
- Veränderungen im Genitalbereich: Bei Männern gilt: Leistenschmerz + geschwollener, geröteter Hoden = sofort zum Arzt (Verdacht auf Hodentorsion oder -entzündung). Bei Frauen sollten starke Leistenschmerzen in der Schwangerschaft umgehend gynäkologisch abgeklärt werden, um Komplikationen wie eine Eileiterschwangerschaft auszuschließen.
- Schmerzen nach Verletzungen/Unfällen: Wenn nach einem Sturz, Aufprall oder Autounfall Leistenschmerzen auftreten, könnte eine knöcherne Verletzung (Beckenfraktur) oder innere Verletzung vorliegen. Hier ist eine rasche Diagnostik (Röntgen etc.) wichtig, um nichts zu übersehen.
- Anhaltende oder zunehmende Beschwerden: Leistenschmerzen, die länger als ein paar Tage bestehen oder immer wiederkehren, sollten ärztlich untersucht werden – selbst wenn sie nicht sehr stark sind. Hinter chronischen Leistenschmerzen können behandlungsbedürftige Probleme stecken (z.B. Arthrose, Leistenbruch, Nervenreizung), die ohne Therapie schlimmer werden können. Früh erkannt, lassen sich viele Ursachen besser behandeln.
Im Zweifelsfall gilt: Lieber einmal mehr zum Arzt, gerade bei ungeklärten Schmerzen. Erste Anlaufstelle ist meist der Hausarzt, der je nach Verdacht an Fachärzte (Orthopäde, Chirurg, Urologe, Gynäkologe etc.) überweist. Durch rechtzeitige medizinische Abklärung kann nicht nur eine gezielte Behandlung eingeleitet, sondern auch gefährlichen Verläufen (wie einer Bruchinkarzeration) vorgebeugt werden.
Hier ist ein alphabetisch sortiertes Quellenverzeichnis mit Titeln und URLs zu den Themen Leistenschmerzen, deren Ursachen, Diagnostik, Behandlungsmöglichkeiten und Selbsttests. Die Liste umfasst sowohl medizinische Fachportale als auch allgemeinverständliche Gesundheitsinformationen.(gesundheitsinformation.de)
📚 Quellenverzeichnis
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