In Kürze:
Hüftschmerzen gehören zu den häufigsten Gelenkbeschwerden. Sie können in jedem Lebensalter auftreten, besonders ältere Menschen sind jedoch oft betroffen. Meist stecken Verschleißerscheinungen (Arthrose) des Hüftgelenks dahinter, es gibt aber auch viele andere Ursachen. Leichte bis mäßige Hüftschmerzen lassen sich oft mit Hausmitteln und gezielten Übungen lindern. Wärmeanwendungen (z.B. Wärmflasche, warmes Bad) fördern die Durchblutung, lockern Muskeln und erhöhen die Beweglichkeit der Gelenkkapseln. Im Gegensatz dazu helfen Kältewickel bei akuten Entzündungen, um Schwellung und Schmerz zu reduzieren.
Hüftschmerzen-Check
Alltägliche Bewegung ist wichtig: Sportarten mit geringer Gelenkbelastung wie Radfahren oder Schwimmen erhalten die Beweglichkeit und lindern Schmerzen. Gezielte Dehn- und Kräftigungsübungen – etwa Ausfallschritte, seitliches Beinheben oder Hüftöffner im Vierfüßlerstand – lockern verspannte Hüftmuskeln und stabilisieren das Gelenk. Diese Übungen sollte man nach Anleitung eines Physiotherapeuten auch zu Hause regelmäßig machen. Ein gesundes Körpergewicht entlastet die Hüfte zusätzlich. Hilfsmittel wie Gehstock, Anziehhilfe für Schuhe oder rutschfeste Unterlagen im Bad können im Alltag unterstützen und Fehlbelastungen vermeiden. Bereits kleine Änderungen – wie öfter mal aufstehen, rückengerechte Möbelwahl (ergonomischer Stuhl, angepasste Sitzhöhe) und korrektes Tragen (mit gebeugten Hüften) – helfen, die Hüftgelenke zu schonen.
Ursachen
Hüftschmerzen können viele verschiedene Ursachen haben. Häufig sind degenerative Veränderungen des Gelenks, allen voran die Hüftarthrose (Coxarthrose). Bei der Arthrose nutzt sich der Knorpel zwischen Hüftkopf und Pfanne ab, was mit chronischen Schmerzen, Steifigkeit (besonders morgens oder nach Ruhepausen) und Bewegungseinschränkung einhergeht. Risikofaktoren für eine Arthrose sind zum Beispiel höheres Alter, Übergewicht, angeborene Hüftfehlstellungen oder wiederholte Überlastung (z.B. bei schwerer körperlicher Arbeit oder bestimmten Sportarten). Bei Arthrose treten die Schmerzen meist bei Belastung auf (z.B. Gehen, Treppensteigen) und können in die Leiste, das Gesäß oder sogar bis ins Knie ausstrahlen.
Entzündungen sind eine weitere wichtige Ursache: Schleimbeutelentzündungen (Bursitiden) und Hüftgelenkentzündungen (Coxitis) können starke Leistenschmerzen verursachen. Bei einer Bursitis (oft am Trochanter) klagen Betroffene über seitliche Hüftschmerzen, die sich besonders beim Liegen auf der betroffenen Seite bemerkbar machen. Eine Coxitis ist meist mit deutlichen Leistenschmerzen und Schonhaltungen verbunden, begleitet von Schwellung und Bewegungseinschränkung. Infektiöse Formen (z.B. septische Arthritis) gehen oft mit Fieber und allgemeinem Krankheitsgefühl einher.
Auch mechanische Engpass-Syndrome führen zu Hüftschmerz. Ein Hüftimpingement entsteht durch knöcherne Anomalien am Hüftkopf oder an der Pfanne, die bei starker Beugung den normalen Bewegungsablauf blockieren. Dabei treten stechende Schmerzen in der Leiste auf, besonders beim Heben des Beins. Eine „schnappende Hüfte“ (Coxa saltans) mit ruckartigem Sehnenrast führt ebenfalls zu belastungsabhängigen Schmerzen und kann zu einer Trochanterbursitis führen.
Muskel- und Sehnenprobleme (z.B. Piriformis-Syndrom, Muskelverspannungen) sowie Nervenkompressionen (Meralgia paraesthetica: Schmerzen an der Oberschenkelaußenseite durch Druck am Leistenband) können Schmerzen im Hüftbereich auslösen. Belastungsbrüche (Stressfrakturen) und akute Verletzungen (Oberschenkelhalsbruch nach Sturz, Hüftgelenksluxation) führen meist zu abrupt einsetzenden, heftigen Hüftschmerzen. Bei Kindern und Jugendlichen kommen Entwicklungsstörungen vor: Morbus Perthes (Durchblutungsstörung des Hüftkopfes) und Epiphyseolysis capitis femoris („Hüftkopfgleiten“) verursachen schleichende Leistenschmerzen und hinken. Schließlich kann Schmerz in der Hüfte auch durch umliegende Probleme entstehen, etwa durch eine Beinlängendifferenz oder eine Lendenwirbel- bzw. Kreuzdarmbeingelenks-Erkrankung, die in die Hüfte ausstrahlen.
Symptome und Schmerzformen
Hüftschmerzen zeigen sich meist in der Leiste (im vorderen Gelenksbereich), an der Außenseite des Oberschenkels oder im Gesäß. Sie können dumpf, ziehend oder auch stechend und brennend sein. Bei Arthrose sind die Schmerzen typischerweise belastungsabhängig – sie treten beim Gehen oder Treppensteigen auf und verbessern sich in Ruhe. Oft besteht eine leichte Morgensteifigkeit (Anlaufschmerz) im Gelenk. Mit Fortschreiten der Arthrose können die Beschwerden konstant werden und nachts auftreten. Akute Verletzungen oder Entzündungen dagegen verursachen plötzliche, heftige Schmerzen, oft auch in Ruhe oder beim Liegen, und gehen manchmal mit Rötung, Überwärmung oder Fieber einher.
Beim Sitzen etwa kann ein Druck- oder Ziehgefühl in der Hüfte entstehen, etwa durch eine verkürzte Gesäßmuskulatur (Piriformis) oder eine Impingement-Situation. Taubheit oder Kribbeln am Oberschenkel (Kribbeln vorn/außen) deutet auf Nervenreizungen hin. Generell geben alle Symptome zusammen den Ärzten Hinweise auf die Ursache: Zum Beispiel sprechen dumpfe Schmerzen bei Bewegung eher für Arthrose, während ein akutes Schmerzmaximum und Schonhaltung auf eine Verletzung oder Infektion hindeuten.
Diagnostik
Die Abklärung von Hüftschmerzen erfolgt durch eine Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung und ergänzenden Tests. Zuerst fragt der Arzt nach Schmerzort, -dauer und -qualität, nach begünstigenden Umständen und Vorerkrankungen. In der körperlichen Untersuchung beobachtet er das Gangbild, prüft Beinachsen und Hüftbeweglichkeit sowie mögliche Druckschmerzen über Knochenvorsprünge. Entzündungszeichen (Rötung, Schwellung, Überwärmung) im Leistenbereich deuten auf Bursitis oder Arthritis hin. Verschiedene Funktionstests (Hüftbeugung, –streckung, –rotation) geben Aufschluss über Bewegungseinschränkungen. Die Beinlängendifferenz und Beckenstellung werden kontrolliert.
Wichtig sind auch Laboruntersuchungen: Blutbild, Entzündungsparameter (BSG, CRP) und Immunfaktoren helfen, eine Arthrose von entzündlichen Erkrankungen (z.B. Rheuma, Infektion) zu unterscheiden. So ist bei Arthrose typischerweise nur eine leichte BSG-Erhöhung zu sehen, während bei Infektionen oder rheumatischen Schüben oft ein deutlicher Entzündungsanstieg vorliegt.
Die Bildgebung liefert oft die entscheidenden Hinweise. Röntgenaufnahmen des Beckens und beider Hüftgelenke zeigen Knochenveränderungen: Knorpelabnutzung, Spaltverengung oder knöcherne Randzacken bei Arthrose. Bei Verdacht auf komplizierte Frakturen oder Knochennekrosen kann eine CT notwendig sein, um das Ausmaß genauer zu beurteilen. Eine Sonografie des Hüftbereichs kann Flüssigkeitsansammlungen, Schleimbeutelentzündungen oder Muskel- und Sehnenveränderungen sichtbar machen. Die MRT liefert hochauflösende Bilder von Weichteilen und Frühstadien (z.B. beginnende Knochennekrose oder Stressfrakturen). In unklaren Fällen werden auch Knochenszintigraphien eingesetzt, um entzündliche Prozesse oder Tumoren zu erkennen. So kombiniert sich die Diagnose aus Gesprächen, klinischen Befunden, Labor und Bildgebung zu einem Gesamtbild.
Behandlung
Die Therapie richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Hüftschmerzen.
- Konservative Therapie: Bei vielen Fällen stehen nicht-operative Maßnahmen im Vordergrund. Dazu gehören regelmäßige Bewegungstherapie und Physiotherapie, um die Gelenkfunktion zu verbessern und die Muskulatur um die Hüfte zu kräftigen. Schonende Ausdauersportarten wie Radfahren oder Aquajogging helfen, ohne die Hüfte übermäßig zu belasten. Massagen, Wärmeanwendungen, Kältewickel oder physikalische Therapien (z.B. Elektro-, Ultraschallbehandlung) können Schmerzen lindern. Schmerzmittel (Analgetika) wie Paracetamol oder nichtsteroidale Entzündungshemmer (z.B. Ibuprofen, Diclofenac) werden bei Bedarf verordnet. Hierbei gilt das WHO-Stufenschema: Bei leichten Schmerzen Paracetamol, bei stärkeren gegebenenfalls schwächere Opioide. Lokale Salben mit NSAR oder Glukokortikoid-Injektionen ins Gelenk bzw. den entzündeten Schleimbeutel können zusätzlich helfen, akute Schübe zu bremsen. Wichtig ist auch die Lebensstiländerung: Gewichtsreduktion bei Übergewicht entlastet das Gelenk und Alltagshilfen (Gehstock, Treppenlift) können Dauerbelastungen vermeiden.
- Operative Therapie: Wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen, stehen verschiedene Operationen zur Verfügung. Bei fortgeschrittener Arthrose ist der Hüftgelenkersatz (Hüft-TEP) Standard: Das zerstörte Gelenk wird durch eine Prothese ersetzt, was wieder schmerzfreies Gehen ermöglichen kann. Bei bestimmten Fällen von Impingement oder Labrumverletzungen kann eine minimalinvasive Hüftarthroskopie durchgeführt werden, um knöcherne Auswüchse zu entfernen oder den Gelenklippe (Labrum) zu reparieren. Akute Frakturen oder osteonekrotische Prozesse werden individuell behandelt (Schrauben, Osteotomie, Teilersatz). Auch die Entfernung hartnäckiger Schleimbeutel oder Synovektomie bei chronischer Entzündung ist möglich. Die Wahl der Operation hängt von Diagnose, Patientenzustand und Lebensqualität ab.
Prävention
Vorbeugung richtet sich darauf, Hüftgelenke gesund zu erhalten. Regelmäßige körperliche Aktivität stärkt Muskeln und Bänder rund um die Hüfte und verbessert die Beweglichkeit. Empfohlen sind zum Beispiel Spaziergänge, Radfahren oder Schwimmen, ergänzt durch gezielte Kräftigungsübungen (seitliches Beinheben, Beckenheben, Kniebeugen). Durch Dehnübungen der Hüftbeuger und -strecker bleiben die Gelenke beweglich und Verspannungen reduzieren sich. Auch einfache Alltagsübungen (z.B. Treppensteigen, Stehen auf einem Bein) fördern die Balance und Muskelkoordination.
Ein gesundes Körpergewicht ist essenziell: jedes Kilo weniger entlastet Hüft- und Kniegelenke deutlich. Daneben zählen ergonomische Maßnahmen: Beim Sitzen sollte Hüfte und Knie im 90°-Winkel stehen und die Sitzfläche ausreichend tief sein. Ein ergonomischer Stuhl und angepasste Tischhöhe unterstützen eine gute Haltung. Beim Heben schwerer Lasten senkt man die Hüfte (nicht nur den Rücken) ab, trägt nah am Körper und verteilt das Gewicht gleichmäßig. Auf repetitive Überlastungen – etwa ständiges Anheben oder schnelle Wechsel zwischen Knien und Heben – sollte man achten. Schließlich fördert eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Kalzium ein gesundes Knochen- und Gelenkmilieu.
Risikofaktoren und Häufigkeit
Mehrere Faktoren erhöhen das Hüftschmerz-Risiko. Neben höherem Lebensalter und Erbanlagen gehören dazu Gelenkfehlstellungen (z.B. Dysplasie), starkes Übergewicht, frühere Hüftverletzungen (Fraktur, Luxation) und ruckartige Stoßbelastungen (Bauberuf, Kontaktsportarten). Auch chronische Entzündungskrankheiten (z.B. rheumatoide Arthritis) oder das Hüftimpingement selbst begünstigen eine Arthroseentwicklung.
Statistisch berichten etwa 15 % der über 40-Jährigen von gelegentlichen Hüftschmerzen. In Deutschland haben schätzungsweise 5 % der Erwachsenen eine symptomatische Hüftarthrose. Hüftschmerzen können die Lebensqualität stark einschränken – frühzeitige Diagnose und geeignete Therapie sind daher wichtig, um chronische Beschwerden zu vermeiden.
📚 Quellenverzeichnis
- IQWiG – Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen:
Hüftarthrose: Ursachen, Symptome, Behandlung
https://www.gesundheitsinformation.de/hueftarthrose.html - NetDoktor.de (Redaktion: Martina Feichter):
Hüftschmerzen: Was steckt dahinter?
https://www.netdoktor.de/symptome/hueftschmerzen/ - Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU):
Patientenratgeber Hüftgelenk
https://dgou.de/patienten/patientenratgeber/hueftgelenk - Apotheken Umschau:
Hüftschmerzen – Ursachen, Diagnostik, Therapie
https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/hueftschmerzen-ursachen-und-behandlung-764649.html - Rheumaliga Schweiz:
Hüftschmerzen besser verstehen
https://www.rheumaliga.ch/medien/publikationen - Orthinfo.de – Informationsportal der DGOU:
Coxarthrose – Verschleiß des Hüftgelenks
https://www.orthinform.de/krankheiten/coxarthrose - Deutsches Ärzteblatt:
Diagnostik und Therapie der Coxarthrose (wissenschaftlicher Artikel)
https://www.aerzteblatt.de/archiv/191789/Diagnostik-und-Therapie-der-Coxarthrose - MSD-Manual – Profi- und Patienteninformationen:
Bursitis trochanterica, Impingement, Labrumriss
https://www.msdmanuals.com/de - Physio.de – Portal für Physiotherapeuten:
Hüftbeschwerden: Übungen und Mobilisation
https://www.physio.de/ - OrthoKlinik Bonn:
Hüftarthroskopie, konservative Behandlung bei Hüftschmerz
https://orthoklinik-bonn.de/ - Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der Charité Berlin:
Hüftoperationen, Therapieoptionen, Reha
https://orthopaedie.charite.de/ - Deutsches Zentrum für Orthopädie Bad Abbach (Universitätsklinikum Regensburg):
Minimalinvasive Hüftchirurgie
https://www.orthopaedie.ukr.de/